Heftige Kritik auf den Kreistagsbeschluss zur Müllverbrennung hält an

"Die Verbrennungspläne bedeuten Imageschaden"

D e l i t z s c h. Mit den Stimmen der CDU, FDP, und Teilen der PDS beschloss der Kreistag jüngst, den Bau einer Müllverbrennungsanlage (MVA) mit einer Kapazität von 70.000 bis 80.000 Tonnen jährlich im Gewerbegebiet Delitzseh-Südwest auf den Weg zu bringen (wir berichteten). Gegner des Projektes, die ihre Argumente schon im Vorfeld dieser Kreistagsentscheidung in der überparlamentarischen Arbeitsgruppe "Abfallentsorgung" vorlegten, äußern nach wie vor massiv Kritik an diesem Vorhaben.

"Das Umweltgutachten war erwartungsgemäß so ausgefallen, dass Befürworter und Gegner einer MVA sich in ihren Standpunkten bestätigt sehen"

, so der Delitzscher SPD-Ortverbandsvorsitzende Joachim Ackermann. Das rücke nunmehr erneut die "wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts" in den Mittelpunkt. Das Müllaufkommen pro Einwohner würde "gegenüber dem Abfallwirtschaftsplan des Freistaates Sachsen doppelt so hoch angesetzt", behauptet Ackermann. Damit sei eine Auslastung nicht gesichert. Diese Auffassung teilen Roland Hadrych aus Hohenossig und Ulf Jäckel aus Bad Düben, ehemaliges Mitglied des Landesvorstandes B 90/Grüne (laut Aussage des Verbandes hat Jäckel die Partei kürzlich im Zusammenhang mit den Ereignissen in Afghanistan verlassen). "Im Kreis selbst fallen jährlich nur etwa 30.000 t Restmüll an und sichern somit eine nicht mal 50-prozentige Auslastung der Anlage. Wo soll die fehlende Menge herkommen, zumal das Müllaufkommen weiter sinkt", kritisierte Jäckel den Kreistagsbeschluss. Denn während der Müll aus privaten Haushalten wegen der Entsorgungspflicht des Landkreises dem Kommunalbetrieb Kreiswerke sicher sei, könnten Gewerbetreibende ihren Müll auch anderweitig je nach Preislage entsorgen. "In den Nachbarkreisen werden längst eigene Lösungen gesucht, so dass mit Müllimporten nach Delitzsch kaum zu rechnen sein wird", ist sich der Dübener offenbar sicher.

Doch die Kreiswerke sehen in ihrer Preispolitik im Vergleich zu anderen Entsorgern offenbar eher Vorteile. Wie bereits informiert, flossen in den Kreistagsbeschluss außerdem Sicherheitsklauseln ein, die pro Jahr und Tonne eine Gebühren-Höchstgrenze bei 105 € festlegen. Das sei auch auf Druck der MVA-Gegner zustande gekommen, informierte der Vorsitzende der PDS-Kreistagsfraktion Dr. Michael Friedrich.

Landrat Michael Czupalla (CDU) rechnet dennoch eher mit einer notwendigen Erweiterung der MVA in einigen Jahren und hatte den bereits mehrfach veröffentlichten wichtigsten Argumenten der Befürworter nichts weiter hinzuzufügen: Verlängerung der Betriebserlaubnis für die Deponie Spröda, die ohne die Position des Kreistages, wie es mit dem Müll ab 2005 weitergehen soll, auf der Kippe gestanden hätte; Sicherung von Arbeitsplätzen bei den Kreiswerken; Fortsetzung des bewährten Kurses der Eigenständigkeit des Kreises...

Dagegen ist nicht nur Ackermann nach wie vor der Meinung, dass verschiedene Kooperationsvorschläge aus Leipzig das kalkulierbarere Risiko seien gegenüber der "Insellösung". Ulf Jäckel behauptet schließlich, intensive Nachfragen beim Ökoinstitut, das die Umweltverträglichkeitsstudie gemacht hat und laut Czupalla das MVA Projekt weiter begleiten soll, hätten ergäben, dass "bei Annahme realistischer Abfallmengen, einer Optimierung der mechanisch-biologischen Variante mit weiterer Verarbeitung in Schwarze Pumpe zu Methanol die Müllverbrennung eher schlechter abschneiden" würde. Vor dem Hintergrund des zusätzlich in Delitzsch-Südwest geplanten Biomassekraftwerks befürchtet Jäckel außerdem einen Imageverlust für Delitzsch.

Karin Rieck

LVZ vom 12.12.2001