Millionenauftrag für Müllverbrennung

Aufregung in Lippendorf: Genehmigung gar nicht erteilt

Lippendorf. Die Anlagenbautochter Lurgi Lentjes der Frankfurter MG Technologies AG (früher Metallgesellschaft) hat den Auftrag zum Bau einer Müllverbrennungsanlage am Industriestandort Lippendorf in Sachsen für 100 Millionen Euro erhalten.
Darüber informierte das Unternehmen gestern. Auftraggeber sei eine Tochter des Düsseldorfer Energiekon zerns Eon.
Dabei soll es sich um eine so genannte thermische Abfallbehandlungsanlage handeln, die 330.000 Tonnen Müll im Jahr verbrennen kann. Das entspreche einem Hausmüllvolumen von 800.000 Menschen.
Allerdings steht der Bau dieser Anlage offenbar noch gar nicht fest. Wie das Landratsamt Leipziger Land und das Regierungspräsidium in Leipzig bestätigten, liegt noch keine Genehmigung vor.
"Es bestehen Kontakte zu dem Investor. Er ist dabei, die Antragsunterlagen zu erstellen", sagte Bärbel Felber, Sprecherin des Regierungspräsidiums. In diesem Fall sei eine umfangreiche Prüfung notwendig. Ein wichtiger Bestandteil werde dabei eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung sein. Die Sache sei also noch in einem sehr frühen Stadium.
Auch Petra Köpping, Landrätin des Landkreises Leipziger Land, erklärte: "Bei uns im Amt liegen keine Anträge vor. Wenn die Müllverbrennungsanlage tatsächlich beantragt werden sollte, werden wir das ganz genau prüfen." Seit Jahren regt sich bei den Bürgern der Widerstand in der Region gegen eine solche Anlage. Der Stadtrat der Nachbarstadt Böhlen hatte sogar schon mehrfach gegen Müllverbrennung am Standort Lippendorf votiert. Bürgermeisterin Maria Gangloff (PDS) will Anfang Februar in dieser Sache die Vereinigte Energiewerke AG (Veag) als möglichen Betreiber der Anlage, das Regierungspräsidium Leipzig und Vertreter der Bürger an einen Tisch holen. "Wir müssen klären, welches Image die Region will und ob wir Industrieansiedlung um jeden Preis bejahen", sagte Gangloff.
Warum der Auftrag schon erteilt wurde, obwohl die Genehmigung noch nicht vorliegt, war gestern beim Auftraggeber nicht zu erfahren.
Erhitzte Gemüter zu diesem Thema gab und gibt es auch bei den Bürgern in anderen sächsischen Gemeinden. So beispielsweise in Delitzsch, wo eine Müllverbrennungsanlage mit einer Kapazität von 70.000 bis 80.000 Tonnen jährlich im Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest auf den Weg gebracht wurde. Gegner des Projektes, die ihre Argumente in einer überparlamentarischen Arbeitsgruppe "Abfallentsorgung" vorlegten, äußern nach wie vor massiv Kritik an diesem Vorhaben. In Ostrau bei Döbeln wiederum verhinderte eine Unterschriftenaktion den vorgesehenen Bau einer solchen Anlage.

Claudia Carell

LVZ, 31.01.2002