Die Meinung der Leser

Die Sachlichkeit darf nicht auf der Strecke bleiben

Zu Leserbriefen zum geplanten Bau einer thermischen Abfallbehandlungsanlage im Gewerbegebiet Delitzsch Südwest
Es zeugt von Verantwortungsbewusstsein der Bürger, wenn sie ihre Meinung zu Problemen in ihrer Region öffentlich machen. Sie nehmen dabei ihr Recht wahr, auch Sorgen über Umweltbelastungen zu formulieren und die Verantwortlichen auf ihre Verpflichtung zur Daseinsvorsorge hinzuweisen.
Dabei darf die Sachlichkeit nicht auf der Strecke bleiben. Die Diskussionen über den geplanten Bau einer Abfallverbrennungsanlage in Delitzsch lassen diese häufig vermissen. Über die Umweltbelastung der Region Delitzsch gibt die Studie eines anerkannten Ökoinstitutes Auskunft. Danach ist die Belastung an Luftschadstoffen vergleichbar mit gering belasteten ländlichen Regionen. Eine Ausnahme bilden die verkehrsbedingten Emissionen. Wenn in der öffentlichen Diskussion die "Bitterfelder Dunstglocke" angeführt wird, so trifft dieser Begriff auf die aktuelle Umweltbelastung nicht zu.
Die Auswirkungen der geplanten Abfallbehandlungsanlage ändern die bestehende Situation nur unwesentlich, wie der Studie entnommen werden kann. Die zusätzlichen Schadstoffemissionen wurden als geringfügig ermittelt. Sie liegen deutlich unterhalb von l Prozent zulässiger Werte. Die in einer Lesermeinung verwendete Bezeichnung "Verbrennungssupergau" lässt sich mit diesen Bewertungen nicht nachvollziehen.
Die Ergebnisse der Studie sind nicht überraschend, wenn man berücksichtigt, dass an etwa 60 Standorten in Deutschland und bei zahlreichen anderen modernen Anlagen in Europa analoge Erkenntnisse gewonnen wurden. Mehrere Anlagen, die wesentlich größere Abfallströme behandeln als in Delitzsch vorgesehen, stehen in Wohngebieten.
Die Ergebnisse sind auch nicht verwunderlich, wenn man berücksichtigt, dass die Emissionen aus thermischen Prozessen der Abfallbehandlung wesentlich geringer sein müssen als aus anderen industriellen Anlagen und auch strenger überwacht werden.
Industrielle Prozesse und auch die mechanisch-biologische Abfallbehandlung müssen sich an den schon lange geltenden Emissionswerten für die Abfallverbrennung orientieren. Natürlich ist es jedem Bürger freigestellt, seine eigene Meinung auch zu wissenschaftlich erarbeiteten Ergebnissen zu vertreten. Das unbegründete Schüren von Ängsten in der Bevölkerung dient aber nicht der sachlichen Diskussion um die optimalen Lösungswege des Abfallproblems.
Prof. Dr. Born, Freiberg



Possenspiel hätte man nicht besser inszenieren können

Zum Sonderstadtrat vom l. März
Als Besucher der öffentlichen Sonderstadtratsitzung am l. März - zum Beschluss der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Delitzsch-Südwest zum Abschluss eines Optionsvertrages für die Fläche der Müllverbrennungsanlage im Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest - wurde mir klar, warum diese vorher unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollte. Denn was hier der Öffentlichkeit geboten wurde, war die Vorstellung der Lösung einer Aufgabe, die von Oberflächlichkeit, Leichtfertigkeit und blindem Vertrauen geprägt war. Es war beschämend zu erfahren, mit welchem "Demokratieverständnis" Beschlüsse von großer Tragweite vorbereitet und gefasst werden.
Von Vorbereitung war nichts festzustellen und die Beschlussfassung könnte in einem Possenspiel nicht besser inszeniert werden. Es wurde ein "Spiel" veranstaltet, wobei die Regeln erst aufgestellt wurden als das Spiel vorüber war und das Ergebnis feststand. Über das Ergebnis Gültigkeit des Beschlusses... - waren am Ende Alle erstaunt, oder war das Erstaunen nur gespielt, Herr OBM?
Die Inszenierung der Beschlussfassung könnte einen solchen Verdacht aufkommen lassen (seitens Delitzsch waren nur zwei Mitglieder anwesend, der OBM ließ sich durch einen Vertreter ohne Vollmacht vertreten. War das Ergebnis etwa vorher schon bekannt?)
Ist Ihr Erstaunen, Herr OBM, jedoch echt, dann kann man nur empfehlen:
l. Der Rechtsbeistand des Zweckverbandes, Herr Prof. Dr. Rottmann, ist von seinem Vertrag zu entbinden, da er seiner Pflicht zur umfassenden Beratung nicht nachgekommen ist. Er kann nicht einen Partner des Zweckverbandes (Kyhna) beraten und den anderen (Delitzsch) ins Messer laufen lassen (die Delitzscher Ver treter wurden über die Rechtswirksamkeit des Beschlusses nicht informiert, so dass die Einspruchsfrist nicht in Anspruch genommen wurde).
Der entstandene Schaden ist einzufordern.
2.Es ist vom Gericht überprüfen zu lassen, ob der Beschluss überhaupt zustande gekommen ist.
3.Sollte der Beschluss nicht wirksam sein, sind vor einer erneuten Beschlussfassung die erforderlichen Spielregeln bzw. Verfahrensweisen eindeutig festzuschreiben.
Manfred Stieler, Delitzsch



"Angiften" ist eine unglückliche Wortwahl

Zum gleichen Thema
Der Sonderstadtrat war von großer Bedeutung. Sollte er doch dazu beitragen, Klarheit in einer Angelegenheit zu bringen, die seit Wochen für Wirbel in der Parlamentsarbeit gesorgt hatte. Dementsprechend hoch schlugen die emotionalen Wogen und ich war sicherlich nicht die Einzige, die angesichts der Darlegungen von Prof. Rottmann nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln konnte. Ich war "nur" die Einzige, die ihre Empörung in einer drastischen Formulierung zum Ausdruck brachte. Das mit "Angiften"; von Prof. Rottmann in der LVZ zu bezeichnen, ist mehr als nur eine unglückliche Wortwahl. Ich hatte wohl nicht zu Unrecht den Eindruck, dass diese Einschätzung nicht nur von meiner Fraktion geteilt wurde.
Sigrid Hautog, PDS Stadträtin

LVZ, 11.03.2002