"Gelddruckmaschine mit drei Buchstaben? MVA!"

Meinungsaustausch zur Müllbeseitigung mit neuen Informationen auch für den Landkreis Delitzsch

Delitzsch. Das "Aktionsbündnis für sozialverträgliche Kommunalabgaben" der PDS-Landtagsfraktion hatte kürzlich zum ersten Treffen für dieses Jahr nach Delitzsch geladen. In der Gaststätte am Werkstättenweg wurde mit Vertretern von Bürgerinitiativen, Fachverbänden und mit Kommunalpolitikern über Wege zur Müllbeseitigung diskutiert. Die dreistündige Veranstaltung war gut besucht. Für Delitzsch sind eine Müllverbrennungsanlage (MVA) und zwei Biomassekraftwerke geplant.

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Mit Michael Braedt aus Hannover, Ortrun Rümcke aus Lauta und Dietmar Mieth aus Zschepen hatten drei aktive MVA-Gegner im Podium Platz genommen. Während Frau Rümcke seit zehn Jahren gegen die
Verbrennungsanlage kämpft und diese nun 700 Meter vor ihrer Haustür in die Höhe wachsen sieht, zieht Dr. Ing. Braedt als Kopf einer Bürgerinitiative gegen die für Hannover-Lane geplante MVA zu Felde: "Lane ist der kinderreichste Stadtteil von Hannover. Da eine Anlage zum Verfeuern von jährlich 120.000 Tonnen Müll hin zu setzen, ist Wahnsinn. Wir haben über 4.000 Einwände geltend gemacht und die Antikorruptionsstelle unserer Landesregierung angerufen", erzählte der Hannoveraner. In seinem Vortrag zählte der Chemiker die Möglichkeiten zur Müllentsorgung auf: Deponie, mechanisch-biologische Anlage (MBA) oder Müllverbrennungsanlage. Das Grundprinzip vernünftiger Abfallwirtschaft heißt:
Vermeiden, Verringern, Verwerten
Was in Deutschland mancherorts läuft, ist:
Vergraben, Verbrennen und Vertuschen
so Braedt, für den eine MVA eine "Gelddruckmaschinen mit drei Buchstaben" ist. Beim Vergleich der Müllgebühren machte der Hannoveraner große Unterschiede aus. So zahlt man in Helmstadt (mit MVA) 380 Euro pro Tonne, in Hannover (ohne MVA) dagegen nur 71 Euro. In Delitzsch liegt der Tonnepreis derzeit bei 105 Euro. "Mit den Gebühren werden die Verluste zu groß gebauter MVA ausgeglichen", so Braedt: "Die MVA Braunschweig ist zum Beispiel für 136.000 Tonnen im Jahr ausgelegt. Im Jahr 2000 lag das reale Müllaufkommen der Region bei 117.000 Tonnen." (weitere Infos im Internet unter www.Hannover-gegen-Muellverbrennung.de)

Die Prognose für Sachsen geht für 2005 von einem zu beseitigenden Müllaufkommen von 92.000 Tonnen aus. Michael Braedt verwies angesichts dieser Zahl auf das LVZ-Interview mit Sachsens Umweltminister Flath vom 4. April 2002, in dem der Minister vor Anlagenüberfluss warnte und mahnte: "Alles was schief geht, zahlt der Bürger." Als gangbare Alternative zur Müllbeseitigung sieht Dr. Braedt mechanisch-biologische Anlagen, "die wie gut belüftete große Komposthaufen funktionieren". Sabine Hubert vom Ökolöwen Leipzig und PDS-Kreisrat Günter Kolbusa vom Kreis Leipziger Land informierten darüber, dass auf der Deponie Cröbern in Leipzig-Süd eine MBA für 300.000 Tonnen Müll gebaut werden soll, die nach Beschluss des Abfallzweckverbandes Westsachsen den Abfall aus der Stadt Leipzig, dem Leipziger Land und dem Muldentalkreis aufnehmen soll. "Den Abfall aller anderen angrenzenden Kreise auch da hin bringen und die Reststoffe in "Schwarze Pumpe" verbrennen!", riet daraufhin der Gast aus Hannover. Im weiteren Verlauf der Diskussionsrunde referierte Dr. Dietmar Lohmann vom sächsischen Landesverband der Recyclingwirtschaft zum Kreislaufabfall - Dr. Lohmann: Das Keislaufabfall- und Wirtschaftsgesetz ist eine gute Sache. und Wirtschaftsgesetz. Lohmann bestätigte in lebhaftem Vortrag den Rückgang des jährlichen Müllaufkommens und mahnte, keine unnötigen Kapazitäten zu schaffen. Ortrun Rümcke aus Lauta ermutigte die Delitzscher. gegen die hier geplante MVA Druck zu machen, auch wenn ihr eigener Kampf trotz Unterschriftensammlung, Protestmärschen upd eindeutigen Bürgerentscheids angesichts deren Baufortschritts gescheitert scheint. Rümckes Appell:
"Machen Sie Druck auf Ihre Politiker!"


efa

LVZ, 12.06.2002