Czupalla beteuert seine Unschuld

Delitzsch. Der Delitzscher Landrat Michael Czupalla steht im Feuer der Kritik. Gegen Klaus-Jürgen Haupt, Chef der Beratungsfirma IKW(Köln), laufen in Nordrhein-Westfalen Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts hinsichtlich des Baus von Müllverbrennungsanlagen. IKW ist mit 45 Prozent an den Kreiswerken beteiligt. 55 Prozent hält der Kreis. Kritiker fragen, ob es bei den Kreiswerken (Czupalla ist Aufsichtsratschef) Unkorrektheiten gab.

Von dubiosen Grundstücksgeschäften des Landkreises zugunsten der Kreiswerke und damit Haupts ist die Rede, Rechnungen über Bewirtungskosten von Haupt und Czupalla tauchen auf... Was ist los im Kreis? Czupalla stellte sich gestern unseren Fragen.

Foto: Der Landrat vom Landkreis Delitzsch-Eilenburg bei der Kreiszeitung des Landkreises Delitzsch-Eilenburg

Frage: Herr Czupalla, sind Sie korrupt?

Michael Czupalla: Nein!

Wie erklären Sie sich die Vorwürfe zu Ihrer Person?

Das müssen die Leute beantworten, die das Theater veranstalten.

"Ich muss mich für nichts verantworten"

Nach sämtlichen Untersuchungen gibt es nichts wofür ich mich verantworten müsste.

Wer hat was untersucht?

Ich habe das gesamte Ausschreibungsverfahren um den gestoppten Bau einer Müllverbrennungsanlage dem Regierungspräsidium übergeben. Das Ergebnis habe ich im September im Kreistag vorgelesen. Das Regierungspräsidium hat festgestellt, dass keine Korruption vorliegt.

Haben Sie noch einen Überblick, was Ihnen alles vorgeworfen wird?

Man muss einiges trennen. Ich weiß inzwischen nicht mehr, wo ich anfangen soll und was das überhaupt soll. Ich lege für meine Mitarbeiter und für den Aufsichtsrat der Kreiswerke meine Hand ins Feuer. Da ist nichts und da wird nichts sein.

Wie erklären Sie sich die permanenten Vorwürfe über dubiose Grundstücksgeschäfte, Wahlkampfspenden von Haupt, Reisen, Übernachtungen, Bewirtung in Iserlohn...?

Ich wurde vor laufender Kamera befragt, da habe ich klar und deutlich geantwortet. Das ist rechtlich geprüft und gesetzlich unantastbar.

Was macht der Delitzscher Landrat in Iserlohn?

Wir haben mit den Kreiswerken ein Unternehmen mit einem Gesellschafter, der in Nordrhein-Westfalen seinen Sitz hat. Da sind Kontakte notwendig. Ich musste dort übernachten und auch etwas zu mir nehmen. Dass man eingeladen wird ist mitunter üblich. Seit 13 Jahren habe ich noch keinen Cent oder damals Pfennig Reisekosten oder Tagesgeld abgerechnet. Es tut weh und ärgert mich, wenn auf der anderen Seite solche Vorwürfe laut werden.

"Privat haben wir keine finanziellen Beziehungen"

Im Übrigen: Wenn der Landkreis Gäste hat, wenn wir dienstlich unterwegs sind, zahlt das auch der Landkreis. Deswegen sind auch unsere Gäste nicht korrupt.

Gibt es finanzielle oder geschäftliche Beziehungen der Privatperson Czupalla mit IKW/Haupt?

Ganz eindeutig nein!

Wie kam es 1990 zur Entscheidung, IKW mit ins Kreiswerke-Boot zu setzen?

Wir haben schnell mitbekommen, dass auf uns eine ganze Reihe von Aufgaben zukommen. Wir haben uns mit unserem Partnerkreis SchwäbischHall verständigt und so kam es zu den Kontakten. Per Kreistagsbeschluss haben wir so mit IKW was auf die Beine gestellt und uns nicht an einen Großkonzern gebunden. Heute gibt es neben den Kreiswerken noch sechs weitere Entsorger. Sämtliche Vorgänge wurden öffentlich behandelt. So kam es zur Gründung der Kreiswerke, so lange kenne ich auch Herrn Haupt.

Haupt hat Sie dann in Ihrem Wahlkampf unterstützt ...

Ich habe eine Unterstützung erhalten, auch das ist rechtens, so wie ich es im Kreistag geäußert habe.

Was sagen Sie zum Vorwurf, dass aus 45.000 Mark Einlage von IKW inzwischen 11 Millionen Euro auf Kosten der öffentlichen Hand geworden sein sollen?

Das ist Unsinn. Das geht überhaupt nicht. Die Kreiswerke haben ausweislich des Jahresabschlusses 350.000 Euro Eigenkapital. Bei den elf Millionen Euro handelt es sich vermutlich um das durchgerechnete Anlagevermögen. Das Anlagevermögen der Kreiswerke beträgt mit Jahresabschluss 2002 rund 25,8 Millionen Euro. Aber: Die Verbindlichkeiten des Unternehmens müssen gegengerechnet werden.

Das heißt dennoch, das Unternehmen hat erfolgreich gewirtschaftet und aus dem Kreisanteil 14 Millionen Euro gemacht?

Stimmt. Wir hatten seit Gründung der Kreiswerke 1990 eine sehr erfolgreiche Zeit. Das vergangene Jahr war hingegen wirtschaftlich sehr kritisch.

Ist das ein Grund für die Gebührenerhöhung beim Müll?

Wir stellen unsere Zahlen immer wieder aufs Neue auf den Prüfstand und machen danach unsere Berechnungen. Im vergangenen Jahr konnten wir die Gebühren senken, in diesem Jahr müssen wir anheben.

Was hat es mit Beraterhonoraren für IKW auf sich? Eine Gefälligkeitsleistung, um IKW Geld zuzuschustern?

Dagegen muss ich mich strikt verwahren. Es gibt keine Ausschüttung bei denKreiswerken. Wir haben Geschäftsbesorgungs-Verträge, worin Leistungen festgeschrieben sind. Diese Verträge haben wir vor allem in den juristischen, strategischen und kaufmännischen Bereichen angesiedelt, um ein schlankes Management zu haben. Der Aufsichtsrat, in dem alle Parteien sind, IKW aber nur mit einer Person, nicht Haupt, vertreten ist, hat sämtliche Schritte bestätigt. Es erfolgten keine Pauschalbezahlungen. Alle Leistungen wurden jährlich abgerechnet und bezahlt. Betriebsfinanzamt, Rechnungsprüfungshof und Wirtschaftsprüfer haben diese Vorgänge überprüft.Zusätzlich haben wir freiwillig seit 1997 laut Beschluss des Aufsichtsrates innerbetriebliche Vorgänge zwischen Landkreis und IKW prüfen lassen.

"Es erfolgten keine Übertragungen oder Schenkungen"

Was hat es mit den angeblich günstig vom Kreis auf die Kreiswerke übertragenen Grundstücken auf sich?

Es handelt sich vor allem um Deponiegrundstücke. Für alle Grundstücksangelegenheiten gibt es eindeutige Kreistagsbeschlüsse. Unentgeltliche Überlassungen oder gar Schenkungen des Landkreises an Dritte erfolgten zu keinem Zeitpunkt.

Sie sagen, Sie haben keine geschäftlichen und keine privaten Beziehungen zu Herrn Haupt. Trennen Sie da dienstlich und privat?

Ja. Ich habe einige Funktionen. Da muss ich trennen.

Hätte das auch Ihre Lebensgefährtin tun sollen?

Wir leben nicht im Mittelalter, sie ist selbstständig und hat ihr eigenes Konto. Hier gibt es eine ganz klare Trennung. Ich verwahre mich dagegen, dass meine Lebensgefährtin in einer Art und Weise angegangen wird, die nicht zu akzeptieren ist.

Gibt es Überlegungen, sich von IKW zu trennen?

Der Landkreis wird sich von diesem Gesellschafter nicht trennen. Wir sind einer der größten Arbeitgeber, haben mit IKW 245 Arbeitsplätze geschaffen.

Es wird momentan geprüft und ermittelt. Mit welchem Ausgang rechnen Sie?

Mit einem schnellen Ergebnis, dass endlich die nötige Ruhe einkehrt.

Interview: Ulrich Milde und Frank Pfütze

LVZ, 09.11.2003


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