Delitzsch wird nun Müll- statt Rosenstadt

LVZ Leserbrief von Roland Hadrych zum Thema Abfallwirtschaft im Kreis Delitzsch:

Insgesamt muss man zu der Erkenntnis kommen, dass sich mit Abfall auf dem Rücken der Bürger eine Menge Geld verdienen lässt. Die Lebensqualität der davon betroffenen Menschen scheint dabei dem Profitstreben eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die in letzter Zeit erschienen Artikel zur Abfallwirtschaft in unserem Kreis sind sehr widersprüchlich und weichen zum Teil erheblich von den mir vorliegenden Informationen durch die Staatsregierung ab.

Aus der Presse ist zu entnehmen, dass der Vertrag zwischen dem Leipziger Bürgermeister Tschense und unserem Landrat Czupalla am 6. Juli abgeschlossen wurde.

Aus einer „kleinen Anfrage“ an die Staatsregierung vom 9. März 2004 geht aber hervor, dass dieser Vertrag bereits am 12. Oktober 1999 unterzeichnet wurde. Möglicherweise handelt es sich bei dem Vertrag in Wirklichkeit um einen Vertrag zwischen verschiedenen Müllkonzernen, denn der Markt ist aufgeteilt. So ist in einem „Westsächsischen Abfall-Brief“ zu lesen, dass 49 Prozent der Geschäftsanteile in Cröbers der SITA Ost GmbH gehört und die Sparkasse Leipzig Mitfinanzierer ist. Im Vertrag geht man von einer andienungspflichtigen Abfallmenge von 30.000 bis 35.000 Tonnen im Jahr aus. Der Kreis hatte aber bereits 2002 an Rest und sperrigem Abfall insgesamt nur 27.120 Tonnen. Ab dem Jahr 2010 wird sogar ein Aufkommen unter 20.000 Tonnen prognostiziert. Sollte es zu einer Liberalisierung des Hausmülls kommen, was derzeit in Diskussion ist, wird die Abfallmenge für die Kreiswerke noch weiter reduziert.

Das heißt, wir holen wesentlich mehr an heizwerter hochkalorischer Fraktion von Cröbers nach Delitzsch, als wir Abfall hinschaffen. Über die Gebühren, die dadurch für jeden Bürger entstehen, schweigt man sich aus. Vieles deutet darauf hin, dass sich diese Schraube weiter nach oben drehen wird.

Was fehlt eigentlich noch, das Delitzsch Müllstadt wird! Neben den zwei Biomassekraftwerken, die ihre Brennstoffe allerorts herholen, sind nach Informationen der Staatsregierung heute schon 35 Prozent der Abfälle mit überregionaler Herkunft, die nach Delitzsch-Südwest angefahren werden. Grenzüberschreitender Abfall kommt aus Belgien und Holland mit etwa 4,1 Prozent zur Anlage.

Was aber geschieht mit dem Restabfall, der nicht verbrannt werden kann? Auf welche Deponie oder in welches Bergwerk soll dieser verkippt werden?

Roland Hadrych

Leipziger Volkszeitung, 23.07.2004

 »»» zur Startseite