Schredderabfälle liegen im Trockenen

Gutachten des Umweltministeriums: Deponiesohle Lissa wird vom Grundwasser nicht erreicht

Von DITMAR WOHLGEMUTH

Delitzsch/Lissa. Auf dem Thema Deponie Lissa liegt sprichwörtlich der Deckel drauf. Zum einen wird derzeit der Deponiekörper abgedeckt, zum anderen ist für die Kreiswerke Delitzsch (KWD), der Betreiber der Hausmülldeponie, eine unendliche Geschichte abgeschlossen.

„Wir sehen uns leider immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, in Lissa eingelagerte Schredderabfälle würden durch das aufsteigende Grundwasser ausgewaschen und es bestünde die Gefahr der Kontamination des Grundwassers“, sagt Volker Kunze, stellvertretender KWD-Geschäftwführer. Die Schredderabfälle machen gerade mal mal 0,5 Prozent der 860.000 Tonnen eingelagerten Mülls in der Deponie aus. Zahlreiche Experten hätten sich bereits damit beschäftigt. Eine Zusammenfassung einschließlich neuester Erkenntnisse liege den KWD in Form eines abschließenden Gutachtens vom 20. Januar 2005 vor. Auftraggeber war das sächsische Ministerium für Umwelt, ausgeführt hat die Untersuchung die Ingenieurgesellschaft Czurda und Partner (ICP) aus Karlsruhe. Im Ergebnis kommt die ICP zu dem Schluss, dass dem Betreiber kein fehlerhaftes Verhalten „unterstellt werden kann“.

Das Gutachten bestätigt die Einlagerung von Schredderabfall Anfang der 90er Jahre. Die Belastung mit krebserregenden polychlorierten Biphenylen (PCB) lag aber unter dem Grenzwert von 10 Milligramm je Kilogramm. Da PCB auch in anderen Abfallstoffen enthalten sei, müsse der Schadstoffeintrag nicht zwangsläufig von Schredderabfällen stammen, so eine frühere Aussage der Universität Halle-Wittenberg. Zudem liege die Deponie zehn Meter über dem Grundwasserspiegel. Auch das staatliche Umweltfachamt erkenne keine Gefahr, sie sei auch nicht für die Zukunft zu erwarten. Selbst bei Flutungsende und beim Erreichen des Zielwasserstandes würden die eingelagerten Abfälle nicht erreicht.

Als Endwasserstand des Werbeliner Sees werden 98 Meter über dem Meeresspiegel angestrebt. „Die Basis der Deponie Lissa liegt aber bei 100 bis 103 Meter über Normalnull“, erklärt Kunze. Die Sohle des Hausmülls beginne bei 101 Metern, die Schredderabfälle lagern bei 106 bis 110 Metern und seien auch durch die Grundwasserableiter nicht zu erreichen. „Würde die Deponie wirklich im Wasser stehen, müsste die Gienicke überlaufen“, stellt Kunze dar. Die Pegelstände der Bäche wären aber konstant.


STANDPUNKT

Hoffen, dass nichts passiert

Von DITMAR WOHLGEMUTH

Der Bürger ist hin- und hergerissen. Wem soll er glauben? Gibt es eine Gefahr für das Grundwasser oder sind das alles nur Grabenkämpfe der Behörden mit besorgten Bürgern? Den Leuten fällt es schwer, zu entscheiden, welchen Aussagen sie letztlich glauben sollen. Bergbaubetrieb und Bürgerinitiative erklären, die Deponie Lissa stünde bereits im Wasser, Schadstoffe würden ausgespült. Die Gefährdung sei schon da. Der Betreiber, die Kreiswerke, sagen: Alles Unsinn. Wir haben ein Gutachten, das etwas ganz anderes aussagt. Es gibt keinen Grund zur Panikmache. Wer hat recht?

Überprüfen kann die erhobenen Daten beider Seiten kaum einer. Möglicherweise liegt also die Wahrheit sogar in der Mitte. Neben einer eindeutigen Willensbekundung durch Einsprüche bleibt nur das Hoffen, dass nichts passiert. Doch Hoffnungen werden fast täglich auf unterschiedlichste Weise zerstört.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 04.08.2005


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