Technische Werke: Chef muss seinen Posten räumen

Hintergründe der Personalentscheidung unklar

Delitzsch. Mit einem Paukenschlag endete am Freitag ein Treffen der Gesellschafter und des Aufsichtsratsvorsitzenden der Technischen Werke Delitzsch (TWD) im Delitzscher Rathaus. Dort wurde am späten Nachmittag die überraschende Trennung von TWD-Chef Lutz Mörtl (49) bekannt gegeben.

„Mit Wirkung vom 23. September 2005 wurde der Diplomfinanzwirt Lutz Mörtl als Geschäftsführer der TWD und dazugehöriger Unternehmen abberufen“, hieß es in einer Erklärung des Dreier-Gipfels kurz vor Redaktionsschluss. Grundlage für diese Entscheidung sei „der nachhaltige Verlust des Vertrauens der Gesellschafter und des Aufsichtsrates in seine Geschäftsführung“, erklärte Aufsichtsratsvorsitzender Heinz Bieniek. Zu den genauen Hintergründen des Zerwürfnisses und was Mörtl konkret vorgeworfen wird, wollte sich der Delitzscher Oberbürgermeister nicht äußern.

Bargatzky-Bender und Lauer ersetzen Mörtl

Mit sofortiger Wirkung wurde die Chefin der Delitzscher Stadtwerke (SWD), Yvonne Bargatzky-Bender als kaufmännische Geschäftsführerin bei den TWD eingesetzt. Den technischen Unternehmensbereich leitet fortan Mario Lauer. Der Wirtschaftsingenieur ist zugleich Geschäftsführer der Teag Netkom GmbH in Erfurt.

An den TWD sind die Stadtwerke, eine 100-prozentige Tochter der Stadt Delitzsch, zu 74,9 Prozent und die Thüringer Energie AG (Teag) zu 25,1 Prozent beteiligt. Die TWD waren 1991 gegründet worden. Das Unternehmen beliefert Haushalte, Industrie- und Gewerbebetriebe mit Strom und Fernwärme. Die Versorgung sei auch weiterhin gewährleistet, sagte Bieniek.

Mörtl hatte die Geschäftsführung der TWD im Juni 1999 übernommen, nachdem sein Vorgänger Ernst-Walter Keuerleber unter ähnlichen Umständen von einen Tag auf den anderen seinen Stuhl räumen musste. Die Personalentscheidung, die Bieniek damals im Alleingang getroffen hatte, führte damals zum Ausstieg des damaligen Gesellschafters Technische Werke Friedrichshafen.

Neben seinem TWD-Job hat der Poritzscher auch seine Anstellung als Geschäftsführer der Gasversorgung Delitzsch verloren. Um Mörtl auch aus der Führung der Stadtwerke zu drängen, braucht es allerdings einen Stadtratsbeschluss, da er und Bargatzky-Bender vom Parlament eingesetzt wurden. Auf der ordentlichen Ratssitzung am Donnerstagabend stand allerdings keine Personalie auf der Tagesordnung. Vermutlich wird Bieniek das Parlament in den kommenden Tagen zusammenrufen.

Die Geschäftsführung des Holzkontors Sachsen, das das Biomassekraftwerk in Delitzsch-Südwest beliefert, hatte Mörtl zwischenzeitlich schon abgegeben. Er ist außerdem Mitglied der Geschäftsführung der Biomassekraftwerk Delitzsch GmbH und der Recyclingfirma BMG/SVG, die mit dem Holzkontor kooperiert.

Schon vor Monaten waren im Stadtrat erste Fragen laut geworden, wie eine Person all diese Geschäftsführerposten bewältigen kann. Unter öffentlichen Druck hatte der TWD-Chef seinen Aufsichtsratsvorsitzenden Bieniek zuletzt durch das Engagement der Technischen Werke am Biomassekraftwerk (44,5 Prozent) und am Holzkontor gebracht. Die im vorigen Jahr in Betrieb genommenen Anlagen wurden fünf Millionen Euro teurer als geplant. Bieniek hatte daraufhin eine Stützungserklärung für einen Kredit der Dresdner Bank an die TWD abgegeben. Die Folgen der Quasi-Bürgschaft für die Stadt hatten zu erheblichen politischen Turbulenzen im Stadtrat geführt und sind noch immer strittig.

Klaus Staeubert

Leipziger Volkszeitung vom 24./25. September 2005


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