Korruptionsaffäre: Linke kritisieren Ermittler

Dresden (S. H./J. K.). In der sächsischen Korruptionsaffäre haben Abgeordnete der Linken die beteiligten Ermittler der Dresdner Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Hennig Drecoll und seinen Vize Wolfgang Schwürzer, als befangen kritisiert. Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) wies die Anschuldigungen gestern zurück.

Leipziger Volkszeitung, Titelseite, 19.06.2007


KOMMENTAR


Von Bernd Hilder

Bernd Hilder

Falsche Profiteure

Wenn es um die Aufarbeitung von unappetitlichem SED-Unrecht geht, mauert die Linke oder verniedlicht nach Leibeskräften. Dass sie angesichts Leipziger und sächsischer Sumpfgeschichten lautstark Aufklärung und Konsequenzen einfordert, ist kadertaktisch verständlich, moralisch aber spätestens dann verwerflich, wenn Abgeordnete mit Stasi-Vergangenheit blindlings auf einen demokratischen Rechtsstaat eindreschen, der schnell dem geforderten „Systemwechsel“ zum Opfer fallen könnte. Die Empörung von Justizminister Mackenroth und CDU-Fraktionschef Hähle über die Attacke gegen Sachsens Justiz ist nachvollziehbar, dürfte aber ins Leere laufen. Es ist ja gerade die Absicht der Linken, den Rechtsstaat pauschal in Misskredit zu bringen und das Vertrauen in seine Institutionen zu zerstören. Die Botschaft der Linken ist einfach und hinterhältig: Wer bürgerliche Parteien oder eine verbürgerlichte SPD wählt, der bekommt Korruption und Vetternwirtschaft gleich mitgeliefert.

Das Gegenteil ist richtig: In undemokratischen Staaten kommt weniger Korruption ans Tageslicht, weil Presse und Justiz an der Aufklärung gehindert werden. Die weitere Strategie der Linken liegt auf der Hand: Werden Straftaten im Sumpf nachgewiesen, wird es den demokratischen Parteien angelastet. Ist zu vieles verjährt, nicht mehr beweisbar oder einfach falsche Anschuldigung, wird dem Staat Vertuschung vorgeworfen.

Die Linken sind die falschen Profiteure einer Affäre, deren nachweisbarer Skandalgehalt überhaupt noch nicht feststeht. Man muss daran erinnern, dass die SED/PDS/Linkspartei/Die Linke den Verfassungsschutz am liebsten abgeschafft hätte und wegen ihrer extremen Ränder selbst Gefahr läuft, von ihm beobachtet zu werden. An Glaubwürdigkeit könnte die Linke jedoch gewinnen, wenn jetzt erst einmal ihre Stasi-belasteten Abgeordneten ihr Mandat niederlegten. Klaus Bartl und Volker Külow beispielsweise.

@hilder.office@de

Leipziger Volkszeitung, Seite 03, 19.06.2007



Fritz Hähle (CDU): Der Generalverdacht, mit der die Linke Sachsens Justiz überzieht, und die Unterstellung politischer Einflussnahme sind skandalös.

Johannes Lichdi (Grüne): Wir sollten uns auf die gemeinsame Arbeit konzentrieren, Verbaleskalationen spielen nur denen in die Hände, die an Sachaufklärung nicht interessiert sind.

Mackenroth wehrt sich gegen Generalverdacht

Korruptionsaffäre: Linke hält Dresdner Staatsanwälte für befangen / Sachsen-Union kontert mit Stasi-Vorwürfen

Dresden.Vernetzt, verschwippt, verschwägert“ – was Klaus Bartl, der Rechtspolitiker der Linksfraktion, einigen Richtern und Staatsanwälten in der Korruptionsaffäre vorhält, ist starker Tobak. Der Vorwurf, der dahinter steht, lautet: Der eine oder andere in Sachsens Justiz sei befangen. Schon in der Vergangenheit habe es mehrfach entsprechende Anträge gegeben. Dabei geht Bartl jetzt einen Schritt weiter und schießt ebenso gegen die Dresdner Ermittlergruppe in der Affäre.

Im Zentrum der Attacke steht kein Geringerer als der leitende Oberstaatsanwalt Henning Drecoll. Dieser, so Bartl, habe zwischen 1993 und 2001 die Chemnitzer Staatsanwaltschaft geleitet und damit zwangsläufig mit Ermittlungen gegen den Sachsen-Sumpf zu tun gehabt – in Plauen vor allem, aber auch in Chemnitz. Genau in diesen beiden Orten haben Verfassungsschützer offensichtlich kriminelle Netzwerke ausgemacht. Dabei hatte Drecoll laut Bartl über Anklagen oder Einstellungen von Ermittlungen mit zu entscheiden. Und damit nicht genug. Drecolls Stellvertreter in der aktuellen Ermittlergruppe, Wolfgang Schwürzer, tauche in jenem Fall auf, in dem das Landeskriminalamt gegen Leipziger Polizisten vorging, die zur Organisierten Kriminalität ermittelten.

Die Folgen liegen für Bartl auf der Hand. Justizminister Geert Mackenroth (CDU) dürfe mit der Aufklärung nur Staatsanwälte beauftragen, „bei denen ausgeschlossen ist, dass sie Verfahren auf den Tisch bekommen, mit denen sie bereits in Berührung gekommen sind“. Im Klartext: Die Ermittler müssten ausgetauscht werden. Nach Ansicht des Leipziger Abgeordneten Volker Külow biete zwar der Rauswurf des Justiziars der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) die Chance zur Aufarbeitung. Die Gefahr der Vertuschung bestehe dennoch.

Bei der CDU stößt das auf heftige Kritik. „Der Generalverdacht, mit der die Linke die Justiz überzieht, und die Unterstellung politischer Einflussnahme sind skandalös“, sagt Fraktionschef Fritz Hähle. Es sei „ungeheuerlich, mit welchem Dreck“ die Partei werfe. Dringend aufklärungsbedürftig sei vielmehr „die Stasi-Vergangenheit des Herrn Külow“. Ähnlich barsch reagiert Mackenroth. „Ein für allemal: Ich weise pauschale Diffamierungen, Vorverurteilungen und üble Nachreden mit Nachdruck zurück“, so der Justizminister. „Die sächsische Justiz ist kompetent und braucht keine Nachhilfe.

Kaum weniger hart ist die Lesart der SPD. „Es ist bizarr, dass diejenigen, die den Verfassungsschutz abschaffen wollen, sich jetzt als Gralshüter aufspielen“, sagt Fraktionsvize Stefan Brangs. „Die Linkspartei muss aufpassen, dass sie nicht übers Ziel hinausschießt.“ Nach Ansicht der Liberalen könne man es der Linkspartei als Opposition zwar nicht verübeln, dass sie einen Untersuchungsausschuss zur Affäre auf den Weg bringen will. Doch auch FDP-Rechtspolitiker Jürgen Martens hält Pikantes parat. „Damit hat die Linkspartei nun die Chance, die bei ihnen vorhandenen spezifischen Kenntnisse über die Wirkungsweise von Inlandsgeheimdiensten im Interesse rechtsstaatlicher Verfahren nutzbringend einzusetzen“.

Die Grünen sehen die Lage gelassener. „Wir sollten uns auf die gemeinsame Erarbeitung des Untersuchungsauftrags konzentrieren, anstatt neue Mutmaßungen anzustellen“, sagt Rechtspolitiker Johannes Lichdi. „Verbaleskalationen spielen nur denen in die Hände, die an Sachaufklärung nicht interessiert sind.

Sven Heitkamp/Jürgen Kochinke

Leipziger Volkszeitung, Seite 4, 19.06.2007


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