KWD: Czupalla fordert Schadenersatz

Landrat bezeichnet Vorwürfe des Bürgervereins Sauberes Delitzscher Land als „eine Frechheit

Von Frank Pfütze

Delitzsch. Die Auftragsvergabe-Praxis des ehemaligen Landkreises Delitzsch bei der Abfallentsorgung ist nun ein Fall für die Europäische Kommission (wir berichteten). Eine Beschwerde des Bürgervereins Sauberes Delitzscher Land wird von der Generaldirektion Binnenmarkt geprüft. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Kreiswerke Delitzsch (KWD), Landrat Michael Czupalla (CDU), kündigte am Freitag rechtliche Schritte dagegen an.

Dem ehemaligen Landkreis Delitzsch, vertreten durch Landrat Michael Czupalla (CDU), wird vorgeworfen, seit 1991 Müll über das eigene Tochterunternehmen Kreiswerke Delitzsch illegal zu entsorgen. Eine europaweite Ausschreibung dieser Leistung, wie sie zwingend erforderlich gewesen wäre, habe es nie gegeben, kritisiert der Bürgerverein.

Czupalla schlug am Freitag zurück: „Es ist eine Frechheit, was da behauptet wird. Ich habe den Eindruck, dass jemand die Kreiswerke platt machen will. Dagegen müssen und werden wir vorgehen. Es geht auch um Arbeitsplätze. Ich lasse mir das Unternehmen nicht kaputt machen. Wir wehren uns.“ Der Aufsichtsratschef zweifelt stark daran, dass sich die Europäische Kommission mit den Kreiswerken beschäftigen wird. Die Generaldirektion Binnenmarkt habe lediglich die Aufgabe, zu prüfen, ob die Mitgliedsstaaten europäische Vorschriften vollumfänglich umsetzen. Mit Landkreisen gebe sich dieses Gremium nicht ab, sagte Czupalla. Er entkräftete sämtliche Vorwürfe gegenüber der Kreiszeitung. „Ein Landkreis kann nicht illegal Müll entsorgen. Es ist schließlich seine Aufgabe, die Entsorgung zu organisieren.“ Für alle Schritte gebe es Fachbehörden, die das überwachen und überwacht hätten.

Rechtsdezernentin Angelika Stoye ergänzte: „Wir haben von Anfang an langfristige Verträge geschlossen. Eine europaweite Ausschreibung war zu diesen Zeitpunkten nicht erforderlich. Das zu behaupten, ist haltlos.“ Stoye und Czupalla verfassten ein Unterlassungsschreiben. Wichtigster Punkt darin: Der Landkreis fordert Schadenersatz für alle eventuell entstehenden wirtschaftlichen Schäden, die den KWD entstehen.

1992 wurde der Entsorgungsvertrag zwischen dem Landkreis Delitzsch und den Kreiswerken geschlossen. Dieser war bis zum 31. Dezember 2006 befristet. Der Kreistag beschloss im Mai 2005 die Verlängerung des Vertrages bis 2025. Die Rechtsaufsichtsbehörde, das damalige Regierungspräsidium Leipzig, hat dem zugestimmt. Aus Sicht des Landratsamtes war eine europaweite Ausschreibung also nicht erforderlich. Das sieht der Vorsitzende des Vereins Sauberes Delitzscher Land, Dietmar Mieth, anders: „Spätestens mit Auslaufen des Vertrages hätte zwingend eine europaweite Ausschreibung erfolgen müssen. Das prangere ich an“, sagte er am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung. Der Zschepener kritisiert vor allem die hohen Abfallgebühren im Altkreis. „Die Bürger in Delitzsch und Umgebung zahlen die höchsten Gebühren in Sachsen“, so Mieth.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 17, 14.02.2009



STANDPUNKT


Von Frank Pfütze

Schnell für Klarheit sorgen

Die Situation für die Delitzscher Kreiswerke wird immer bedenklicher. Dazu trägt auch der hartnäckige Kampf des Bürgervereins Sauberes Delitzscher Land bei. Der Verein schaltete jetzt die sogenannte Generaldirektion Binnenmarkt der Europäischen Union ein, von deren Existenz viele erst jetzt erfuhren. Unter dem Strich bleibt ein weiterer negativer Seitenhieb auf das Unternehmen und seine 132 Mitarbeiter, die einem inzwischen mehr als leid tun können. Vermutlich erreicht die Klage die Europäische Kommission nie. Trotzdem schafft es die Meldung, dass sich die EU mit den Kreiswerken beschäftigt, in die Medien. Die Mitarbeiter sind verunsichert, die Vertragspartner bedient, die Spitze des Unternehmens entsetzt. Hier wird mit billigsten Mitteln die Existenz eines kommunalen Unternehmens angegriffen und massiv gefährdet. Die Angriffe basieren ausschließlich auf Veröffentlichungen des Bürgervereins. Ob an den Vorwürfen, dass die Abfallentsorgung europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen, etwas dran ist, muss vielleicht ein Richter entscheiden. Der Vorwurf der illegalen Müllentsorgung dürfte hingegen schwerlich vor Gericht bestehen. Wenn sich die Kreiswerke so wenig vorzuwerfen haben, wie es Aufsichtsratschef und Landrat Michael Czupalla (CDU) gebetsmühlenartig predigt, sollte das Unternehmen in die Offensive gehen und für klare Verhältnisse sorgen und der Ruf- sowie Geschäftsschädigung entgegenwirken. Es geht vor allem um die Mitarbeiter und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens – und des Landrates. Wenn eine handvoll Leute sich zu einem Bürgerverein zusammentut und das gegenwärtige System der Abfallentsorgung durch die KWD in Frage stellt, müssen dahinter Fakten stehen und nicht die eigene Auffassung von Recht und Wahrheit. Laien blicken da schon lange nicht mehr durch. Die Kreiswerke kämpfen ums Überleben. Solche Nebenkriegsschauplätze müssen darum schnell und konsequent aus der Welt geschafft werden.

@f.pfuetze@lvz.de

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 17, 14.02.2009


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