Bewährung für Kölner Müllkönig

Geständnis und schwere Herzerkrankung Trienekens´ wirkten strafmildernd

Von Jochen Bülow, Köln

Am Freitag stand die Hauptperson des Kölner Müllskandals, der ehemalige Viersener Müllunternehmer Hellmut Trienekens, wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Das Gericht verhängte zwei Jahre Haft auf Bewährung und zehn Millionen Euro Geldbuße. Viele Beobachter sprachen trotzdem von einem milden Urteil.

Vor dem Kölner Landgericht hatte wegen des Herzleidens des Angeklagten ein Notarztwagen Stellung bezogen, an den Eingängen drängelten sich Fernsehteams, Fotografen und Schaulustige. Mit Spannung hatten viele Kölner den ersten Verhandlungstag gegen den Mann erwartet, der es mit Schwarzgeld und Korruption in wenigen Jahrzehnten zum beherrschenden Müllunternehmer in NRW, teilweise im ganzen Bundesgebiet gebracht hatte.

Doch in diesem Verfahren ging es nur um die steuerlichen Aspekte der Kungeleien: Immerhin rund 2,7 Millionen Euro Steuerschaden lasteten die Staatsanwälte dem zeitweise als Vorbild-Unternehmer gefeierten Trienekens an. Schon im Vorfeld war der häufig als „Müllbaron“ titulierte Trienekens, der sein Unternehmen mittlerweile für einen unbekannten Betrag an RWE verkauft hat, geständig: Es habe im Ausland schwarze Konten für eine „Kriegskasse“ gegeben, das Geld sei nach Deutschland zurückgeflossen, um Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung zu kaufen, bei den verschiedenen Geldbewegungen sei es zu Steuerhinterziehungen gekommen.

All dies deckt sich mit den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft, die in monatelanger, akribischer Kleinarbeit die Geldflüsse verfolgt und Herkunft und Ziel geklärt hat. Dabei trat ein ausgeklügeltes System der Vorteilsnahme und Bestechung zu Tage, in dem fast alle einen Vorteil hatten – bis auf die Bürger, die am Ende die Zeche zahlen mussten und müssen. Vor Gericht trat Trienekens zum ersten Mal seit dem Skandal in der Öffentlichkeit auf und schilderte Gericht und Zuhörern die Geschehnisse teilweise unter Tränen.

Beobachter vermuteten, dass es im Vorfeld „prozessökonomische Absprachen“ zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gegeben haben müsse – vor allem, um den Prozess überhaupt durchführen zu können. Das Gericht konnte sich an den Fahrplan halten, auch wenn es beim Plädoyer der Verteidiger – „ein bis höchstens eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung“ – einige Unruhe unter den Zuhörern gab. Insofern war es wenig überraschend, dass der Vorsitzende Richter Martin Baur, ein in Müllangelegenheiten mittlerweile höchst erfahrener Strafrichter, das Urteil selber als grenzwertig bezeichnete: Strafmildernd seien Trienekens´ schwere Herzerkrankung, seine frühe und vollständige Aussagebereitschaft und nicht zuletzt die Tatsache gewertet worden, dass er den entstandenen Steuerschaden bereits beglichen habe. Nach einem einzigen Verhandlungstag war der Prozess denn auch vorbei, wobei Trienekens besonders dankbar sein muss, dass auf Grund seiner Erkrankung die über die bloße Steuerhinterziehung hinausgehenden Vorwürfe nicht verhandelt wurden. Denn für diesen Fall, glauben Beobachter, würde der ehemalige Herr des Mülls keinesfalls mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.

Ob es in dieser Angelegenheit jemals zu einer Hauptverhandlung kommen wird, steht völlig in den Sternen. Offiziell gilt Trienekens für einen längeren Prozess als verhandlungsunfähig. Gleiches gilt für den ehemaligen SPD-Politiker Karl Wienand – auch gegen ihn kann wegen gesundheitlicher Probleme nicht verhandelt werden.

Neues Deutschland, 18.09.2004

 »»» zur Startseite